Quo vadis, Apple?

Uff, ich habe jetzt wirklich einige Zeit überlegt, ob ich diesen Beitrag schreiben kann, ohne abgehoben und anmaßend zu wirken. Ich bin weder ein ausgewiesener Tech-Blogger, noch Wirtschaftsjournalist. Aber dennoch habe ich eine Meinung zum Thema, die ich loswerden möchte – und genau das ist doch letztlich das schöne am Bloggen: Man schreibt, was man loswerden möchte – weil man es kann. ;)

Aber zurück zum Thema …. Der gute Casi hat eben bei Facebook einen Link zu einem CNET-Artikel über Apple mit dem schönen Titel „We now know the iPhone and Apple jumped the shark in 2011“ geteilt. Diesen Artikel fand ich unter anderem gut, weil ich darin die Redewendung „jump the shark“ kennengelernt habe – und noch dazu, dass sie aus Happy Days, einer meines Lieblingsserie aus Jugendtagen stammt. Äh ja … aber nun wieder zurück zum eigentlichen Thema … ;)

Die Kernaussage des Artikels bringt auf den Punkt, was ich mir in den vergangenen Monaten schon oft zu Apple gedacht habe – und durch das iPhone 5 bestätigt sehe:

Apple and the iPhone will be around for years to come, to be certain, but it seems that when Steve Jobs left the building, he took „one more thing“ with him.

Oder mit meinen Worten: Ich bin überzeugt davon, dass die Dominanz von Apple in Bezug auf den Smartphone-Markt ihren Höhepunkt erreicht hat – und fraglich ist, ob und wann ohne Steve Jobs die nächste technische Revolution gelingt.

Wie gesagt, ich bin kein Wirtschaftsjournalist und sicher auch kein Analyst. Aber wenn ich zurück blicke auf die Ära „Apple 2.0“ mit Steve Jobs, so war es meines Erachtens immer so, dass Apple neue Technik zwar nicht notwendigerweise erfunden, aber ohne Übertreibung revolutioniert hat. Das begann mit dem iMac, setzte sich mit großem Erfolg mit dem iPod fort. Der nächste große Schritt war dann nicht weniger als die Revolution des Musikvertriebs durch iTunes. Als Apple dann das erste iPhone präsentierte war klar, dass vorherige Smartphones diese Bezeichnung nicht verdient hatten. Und noch bevor dieses geniale STück Technik den Höhepunkt seines Lebenszyklus erreicht hatte präsentierte man mit dem iPad wieder eine völlig neue Gadget-Kategorie – nachdem Netbooks uns jahrelang mehr Nerven gekosten als Nutzen gebracht hatten.

Oder mit den Worten von Steve Jobs persönlich bei der Ankündigung des ersten iPhone:

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=6uW-E496FXg&hd=1]

„Every once in a while a revolutionary product comes along that changes everything. One is very fortunate if you get to work on just one of these in your career. Apple has been very fortunate that it’s been able to introduce a few of these into the world. In 1984 we introduced the Macintosh. It didn’t just change Apple, it changed the whole industry. In 2001 we introduced the first iPod, and it didn’t just change the way we all listened to music, it changed the entire music industry. Well today, we’re introducing THREE revolutionary new products. The first one is a widescreen ipod with touch controls. The second is a revolutionary new mobile phone. And the third is a breakthrough internet communications device.“

So weit, so gut. Apple ist heute wahrscheinlich zu Recht das wertvollste Unternehmen der Welt. Aber Apple macht es sich nicht einfach im Umgang mit anderen Marktteilnehmern. Samsung, immerhin als Display-Lieferant ein wichtiger Geschäftspartner, weiß davon ebenso ein Lied zu singen wie die Mobilfunkprovider. Apple ist es nicht gewohnt auf Augenhöhe zu verhandeln, sondern die Marschroute vorzugeben. Damit das funktioniert muss man aber alternativlos sein – so wie es lange Zeit mit dem iPhone der Fall war. Der Pull aus dem Markt muss stärker sein als sämtliche Push-Bemühungen der Wettbewerber und Geschäftspartner, die den ungesund hohen Marktanteil zu reduzieren versuchen. Aktuell und – wie auch im CNET-Artikel prognostiziert – wird das mit dem iPhone noch funktionieren, mit dem iPad sicher noch etwas länger.

Aber seit diesem Jahr gibt es mit dem Samsung Galaxy S III erstmals überhaupt ein Gerät der Konkurrenz, was dem iPhone nicht nur in den Augen der Android-Fanboys, sondern auch ganz nüchtern auf Basis der Absatzzahlen das Wasser reichen kann. Und mit dem Nexus 7 sowie der Kindle-Fire-Familie von Amazon gibt es auch im Tablet-Bereich erstmals einigermaßen ernstzunehmende Konkurrenz. Apple muss plötzlich in diesen Segmenten reagieren – was man nicht zuletzt daran sieht, dass die Gerüchte über ein iPad Mini nicht abreißen und man mit dem größeren Display des iPhone auch auf den Trend im Android-Lager reagieren musste.

Nun wäre aber selbst die Präsentation eines iPad Mini weder überraschend noch eine Revolution. Ich hatte seit der Ankündigung von iCloud erwartet, dass in dieser Richtung mehr passiert. Oder dass mit einem Apple iTV das Fernsehen neu erfunden wird. Oder etwas ganz anderes kommt, mit dem keiner gerechnet hat. Das uns umhaut. So wie damals die Präsentation des ersten iPhone.

Das iPhone 5 musste keine Revolution sein, um Erfolg zu haben, wie Caschy völlig richtig schreibt. Aber wenn Apple auf Dauer seine Erfolgsstory weiterschreiben und diesen phänomenalen Börsenwert (eine Wette nicht auf den Erfolg des iPhone 5, sondern weit darüber hinaus!) rechtfertigen will – dann braucht es eine solche Revolution. Ich glaube aber nicht, dass diese im Smartphone-Markt, sprich: beim iPhone zu erwarten ist. Ich schätze die Situation dort eher wie bei den iPods Ende des letzten Jahrzehnts ein – es dürfte sich im BCG-Jargon um die Cashcow des Unternehmens handeln. Dem iPad würde in dieser Terminologie wohl die Rolle des Stars zufallen. Viel spannender ist aber die Frage nach den „Question Marks“ – was kommt in Zukunft?

Vielleicht revolutioniert Apple ja mit einem Streaming-Dienst zum zweiten Mal den Massenmarkt für Musikvertrieb? Vielleicht muss ich mich in einigen Jahren dank eines iTV wirklich nicht mehr über unsmartes TV ärgern? Die Kernfrage wird meines Erachtens lauten: Wieviel Vision, wieviel Steve Jobs steckt noch in Apple?

Denn wie oben bereits erwähnt benötigt Apple dringend den Pull des Markts. Ohne diesen werden sich die unverschämt hohen Margen nicht halten lassen. Zumindest nicht im Massenmarkt und damit auf dem derzeitigen absoluten Niveau. Das funktioniert dann analog zu den Notebooks eher in der Nische des Premiumsegments.

Ich bin daher wirklich gespannt, ob und wann Apple uns wieder einmal aus den Socken haut. Ich würde es mir als technikbegeisterter Endkunde wünschen.

Viva la Revolución!

Michael Fehr

Ne echte Nüsser Jong (Baujahr 1972), den es nach einem mehrjährigen Gastspiel in Düsseldorf wieder zurück an den wunderschönen linken Niederrhein nach "Kleenebrook" zog. Verheiratet, 2 Kids. Geek by nature. Über diese Seite bringe ich die Beiträge meines Blogs ins Fediverse. Du kannst ihnen dort folgen und gerne auch kommentieren. Die Kommentare erscheinen nach Freischaltung dann auf meiner Website. Wenn Du mir als Person im Fediverse folgen willst, findest du mich unter @fehrnetzt@nrw.social

2 Antworten

  1. Michael sagt:

    An dem Post gibt es nichts zu meckern, jedoch würde ich (jetzt, ein paar Wochen nach dem iPhone 5 launch) ergänzen: war ein Mann wirklich so wichtig für diese Firma? Bei wem müssen wir uns jetzt bedanken, wenn wir über Maps, den neuen AppStore und iTunes (was haben die sich bloss bei den Suchresultaten gedacht?!?) oder die neuen TV Spots (http://www.apple.com/iphone/videos/#tv-ads-ears oder http://www.apple.com/iphone/videos/#tv-ads-cheese) stolpern?

    Ich glaube, dass nicht nur das „one more thing“ mit Jobs gegangen ist sondern viel, viel mehr. Ich muss zugeben, dass (ich bin Apple Fan und Nutzer seit den 80er) ich langsam mühe habe, mich von Apple begeistern zu lassen. Aber vielleicht war die „pace“, die Jobs vorgelegt hat (jedes Jahr ein „one more thing“) einfach nur zu schnell für normalsterbliche – was ich aber nicht wirklich glaube. Einen Versuch gibt’s noch, danach werde ich wohl meine eigenen Rechner und Software bauen müssen um glücklich zu sein ;)

  1. 3. November 2012

    […] Artikel mit dem Titel “Dear Apple: I'm Leaving You” des Journalisten Ed Conway in meiner eigenen Einschäzung bezüglich Apple ein wenig bestätigt: Ed Conway war langjähriger, begeisterter Apple-Jünger und beginnt nun, den […]

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